Donnerstag, 6. März 2008

Umwege

Leon Vieja, Nicaragua

Das Wetter ist gut genug für einen Ausflug. Ich nehme ein Taxi und fahre zum Busbahnhof. Der Taxifahrer weiß, wohin ich will, und steuert direkt auf die Minibusse nach Managua zu. Ich steige in einen fast vollen Minibus, Augenblicke später geht es los. Keine Ahnung, wo Leon Vieja liegt und wie weit es ist. Meine spärlichen Infos kommen aus dem Internet und beschränken sich auf den Ausgrabungort selbst. Einen Reiseführer habe ich nicht, auch keine eine belastbare Landkarte. Wir fahren in irgendeine Richtung, welche, kann ich wegen der vielen Wolken nicht erkennen. Es ist Regenzeit. Grüne, tropische Landschaft, dazwischen Malinches, der üppig rotblühende Nationalbaum der Nicos, der Nicaraguaner. Vulkankegel. Irgendwann geht von der schnurgeraden Asphaltstraße im 90°-Winkel eine Nebenstraße ab. Dort werde ich abgesetzt. An der Ecke gibt es einen Imbiss, jemand verkauft Getränke, Nüsse, Krimskrams. Sonst nichts. Ich laufe los, durch die grüne Wildnis. Ich weiß nicht, ob Leon Vieja fünf Minuten entfernt liegt oder mehrere Kilometer. Ein Arbeiter, der einen Zaun repariert, weiß auch nicht, wie weit es ist. Vielleicht versteht er auch mein merkwürdiges Spanisch nicht. Ganz selten fährt mal ein Auto vorbei. Kein Bus. Dann hält ein Lastwagen neben mir. Die Schiebetüre zum Laderaum ist geöffnet. Ich sehe ein paar junge, freundliche Gesichter, werde zum Mitfahren eingeladen. Im Laderaum sitzen noch mehr freundliche Menschen auf weißen Plastikstühlen. Ich bekomme einen angeboten. Offenbar ist dies eine Art Sonntagsausflug. An meinem Ziel steige ich aus. Geld nehmen sie nicht von mir. Sie weisen mir die Richtung, lächeln und fahren weiter. Ich laufe durch das Dorf, folge den Schildern. Kaum Autos. Bescheidene, bunte Häuschen, Bananenpflanzen, Blühendes, das wachsen darf, wie es will. Kinder, ein paar Fahrräder, Frauen in ihren Gärten, ein paar Jugendliche, die einen Ball hin und her kicken. Am Eingang der Ausgrabungsstätte laufe ich erst Mal vorbei. Das Tor ist zu und erst nach genauem Lesen des unauffälligen Schildes weiß ich, dass ich richtig bin. Ein Wachmann schließt für mich auf und hinter mir wieder zu. Dies ist Mittelamerika, hier ist Sicherheit ein Thema. Ich nehme mir Zeit für den schönen, weitläufigen, abgelegenen Ort. Es sind nur noch die Grundfeste der ursprünglichen spanischen Ansiedlung zu erkennen. Die Schilder sagen mir, dass hier Wohnhäuser standen, auch Kirchen. Es gibt einen Platz, an dem Indigene als Sklaven gehalten wurden. Ich gehe langsam durch diesen Ort, bleibe stehen, höre die Geräusche des Dschungels, betrachte die gepflegte Wildnis, Bäume, Sträucher, Blumen, Blüten, Früchte, Schlingpflanzen. Irgendwann ist es genug und ich will zurück. Ich laufe zur Bushaltestelle und warte. Der Bus kommt. An der Einmündung zur Hauptstraße fährt er in die für mich falsche Richtung. Ich steige aus. Zu spät merke ich, dass dies ein Fehler war, dass Busse andere Routen fahren als Minibusse. Nach eineinhalb Stunden kommt mein Bus zurück und sammelt mich wieder auf. Nun frage ich endlich und begreife. Ich fahre dorthin zurück, wo ich gerade hergekommen bin, nach Leon Vieja, dann zum Nachbarort. Irgendwann komme ich schließlich an, viel später als gedacht. Aber was macht das schon. Irgendwie geht es immer weiter.

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