Mittwoch, 23. Januar 2008

Rollen und Kabel

Der Traveller von heute reist nicht mehr mit Rucksack. Die Hostels, in denen der Traveller absteigt, heißen zwar oft noch 'Backpacker Hostel', aber eigentlich ist das überholt. Der moderne Traveller ist auf der Höhe der Zeit, er reist mit Trolley und elektronischem Equipment: Laptop mit Webcam, natürlich ist eine digitale Kamera im Gepäck und ein MP3-Player, nebst notwendigen Verbindungskabeln und Akkus. Vielleicht auch ein USB-Stick, für alle Fälle. Und ein Handy. Aber mit dem Handy telefoniert man heute nicht mehr, jedenfalls nicht vom Ausland. Viel zu teuer. Das macht man mit Internettelefonie, meistens mit Skype. Mit dem Laptop ins Internet zu kommen ist kein Problem, jedenfalls in der ersten und in der zweiten Welt. Wireless LAN gibt es überall, auch in den Backpacker Hostels, die auf sich halten. Na ja, manche haben nur PCs mit Internetzugang. Die sind noch ein bisschen hinter der Zeit zurück.
Miguel vor seinem MacMiguel z. B. reist so. Er ist ein Jahr lang unterwegs und fährt entlang der Panamericana, von Alaska bis Feuerland. Wenn er nicht reist, lebt Miguel in Madrid. Dort arbeitet er für eine Zeitschrift. Viel und intensiv, normalerweise. Nun reist er. Aber nur reisen, das füllt Miguel nicht aus. Deshalb dokumentiert er seine Reise in einem Blog. Wenn er das Haus verlässt – pardon, das Hostel – hat er meistens die Kamera griffbereit. Man kann ja nie wissen. Er könnte ja auf ein Blog-geeignetes Motiv stoßen. Kommt er an einen neuen Ort, bucht er meist gleich eine der Touren, die im Hostel angeboten werden. Schließlich haben Traveller von heute nicht alle Zeit der Welt, um sich alles Interessante selbst zu erschließen. Erwünschter Nebeneffekt: Er lernt Gleichgesinnte kennen. Das, was Miguel im Laufe des Tages sieht, hört oder fotografiert, verarbeitet er in seinem Blog. Das macht er spät abends, wenn andere schon ermattet in ihren Betten liegen. Da die Texte gut sein sollen recherchiert er, strukturiert, feilt. Auch die Fotos müssen erst bearbeitet werden, bevor er sie hochlädt. Das alles macht Mühe und kostet Zeit. Aber Ersteres scheut Miguel nicht und das Zweite hat er. Wenn er nachts nicht arbeitet, schreibt Miguel Mails, chattet mit Freunden oder telefoniert. Oder er checkt die Abbuchungen seiner Debit Card, sucht Busverbindungen und bucht das nächste Hostel. Manchmal geht er auch mit Leuten etwas trinken, die er auf einer seiner Touren kennen gelernt hat. Weil das alles zeitintensiv ist, schläft Miguel wenig. Aber das stört ihn nicht. Auf die Frage, warum er den Blog schreibt, antwortet er: Weil es mir Spaß macht. Warum er chattet, Mails schreibt oder endlos telefoniert, braucht er nicht zu erklären. Das läuft heute eben so. Die Zeiten, in denen Briefe oft wochenlang postlagernd in einem General Post Office am Ende der Welt auf einen warteten, sind endgültig vorbei. Außerdem: Wo liegt heutzutage eigentlich das Ende der Welt?

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