Kennen sie das? Sie sitzen in einem Bus, schon seit Stunden. Die Rückenlehne ist nach hinten geklappt, in der Lehne vor ihnen klemmt die Wasserflasche. Draußen zieht die Landschaft vorbei: tropisch grün oder braun und karstig oder zugebaut oder einfach nur uninteressant. Vielleicht lärmt ein griseliger Videofilm über die Monitore oder es tönt einheimische Popmusik aus den Lautsprechern. Der Körper hat sich adaptiert und wird mit der zu heißen Temperatur, der zu weit heruntergekühlten Luft, der zu hohen oder zu geringen Luftfeuchtigkeit fertig. Sie dösen, schauen, träumen, hören ihre eigene Musik, hängen ihren Gedanken nach. Alle paar Stunden macht der Busfahrer eine Pause und sie können ihre Beine strecken, etwas essen, trinken, zur Toilette gehen. Dann geht es weiter, wieder stundenlang. Nein, das ist nicht langweilig. Das sind Stunden, die man ganz für sich hat. In diesen Stunden ist man keine öffentliche Person. Keiner spricht, man braucht nicht antworten, man muss sich nicht kümmern, nichts erfragen, braucht auf nichts aufpassen, nichts organisieren. Diese Stunden sind pure Meditation. Nun werden die Eindrücke verarbeitet, die sich in den Tagen vorher eingeprägt haben. Es ist die Zeit, in der man in sich hineinfühlt und sich fragt, wie man denn den Ort eigentlich fand, den man gerade besucht hat, oder ein Gespräch rekapituliert, das sich zufällig ergab. Wenn es einem gerade gut geht, durchflutet einen vielleicht eine kleine Welle des Glücks, dass man das alles erleben darf, während die anderen zu Hause ihrem drögen Broterwerb nachgehen. Vielleicht fängt man auch an, sich selbst anders zu betrachten. Man ist ganz bei sich und dennoch wächst die Distanz zu sich selbst. Man fühlt sich leicht, man wirft Seelenballast ab. Irgendwann kommt der Bus an. Dann hat einen die Realität wieder. Wo ist mein Hotel? Was kostet ein Taxi? Wo ist der nächste Geldautomat? Macht nichts. Die nächste Busfahrt kommt bestimmt.
2007 / 08 nahm ich eine Auszeit und reiste in arabischen Ländern, in Nord-, Mittel- und Südamerika, in S/O-Asien und zuletzt in Tansania. Auf diesen Reisen sind kleine Geschichten entstanden. Ich habe formuliert, was von meinen Reisen bleibt, das, was überdauert und da ist, auch wenn ich wieder zu Hause bin. In den nächsten Monaten werde ich wöchentlich weitere Geschichten posten.
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